Mittwoch, 22. Oktober 2008

Donnerstag, 16.10.2008

Da es Sonja schon gestern Abend nicht so toll ging und sie auch heute morgen noch nicht so richtig auf dem Dampfer ist, beschließen wir, es heute etwas langsamer angehen zu lassen. Eigentlich war geplant, dass wir heute früh aufbrechen und zum North Rim des Grand Canyon fahren, um dort zu zelten. Da es dort aber bei Nacht mind. so kalt werden wird, wie in den Bisti Badlands, werden wir einfach wieder hierher zurück nach Kanab fahren und eine weitere Nacht im Hotel verbringen. Schade zwar, denn so haben wir nur den Sonnenuntergang und nicht noch den Sonnenaufgang morgen früh, aber es ist halt nicht zu ändern.

Also verbringe ich meine Zeit mit Bilder Sichten und Bloggen, während Sonja mit einer warmen Decke und Tee sowie noch mehr Schlaf versucht ihren Darm wieder fit zu kriegen.

Als es ihr am frühen Nachmittag wieder besser geht brechen wir auf zum Grand Canyon. Nach ca. 2 Stunden Fahrt, zum größten Teil durch den Kaibab National Forrest, erreichen wir das Visitor Center in der Nähe des Bright Angel Points, wo wir uns erstmal etwas umschauen. Das ist vor allem immer dann eine gute Idee, wenn man einen Ort im voraus noch nicht so gut ausgespäht hat, denn dort findet man die besten Infos, zu welcher Zeit das Licht an einem bestimmten aus welcher Richtung kommt. Sonst steht man an einem wunderschönen Ort, hat einen wunderschönen Sonnenaufgang, aber das Licht kommt genau von vorne. OK, es gibt auch Orte wie den Mesa Arch, an denen man genau das möchte, aber die Mehrheit gehört da eher nicht dazu ;-)

Der Kaibab Forrest oder was an dieser Stelle nach den Feuern von 2003 davon übrig blieb (Wir hatten diese Feuer bei unserem ersten Besuch hier übrigens miterlebt, wenn auch zum Glück nur von weitem)

Wir beschließen erstmal zum Bright Angel Point zu laufen, dort unsere beiden auf der Fahrt im Solarofen aufgeheizten Spaghetti-Dosen gemütlich zu vertilgen, die Aussicht zu genießen und dann zum Cape Royal Point, welcher ca. 45 Minuten Fahrtzeit entfernt liegt, zu fahren.

Doch erstens kommt es anders...

Beim Bright Angel Point angekommen machte uns eine Rangerin darauf aufmerksam, dass weiter unten ein Kalifornischer Kondor sitzen würde. Ohne die Rangerin hätten wir ihn sicherlich nicht gleich entdeckt, denn es standen schon zu viele Leute an der Barriere. Ich war natürlich gleich hin un weg, denn diese Tiere sind sehr selten (es gibt im ganzen Gebiet des Grand Canyon nur 66 Exemplare und nur 156 überhaupt in freier Wildbahn) und sogleich zog ich mein 300er und die beiden Konverter aus meinem Rucksack. Wieder einmal ärgerte ich mich darüber, dass ich mein 500er zu Hause gelassen hatte (Wobei ich die Entscheidung sehr wohl bewusst getroffen hatte und auch im Nachinein immer noch als richtig ansehe, aber es gab eben ein paar Situationen, da wäre es wirklich nützlich gewesen), denn auch die 300 x 2.0 x 1,4 = 840mm waren immer noch grenzwertig.

Aber was soll's. So ein Motiv bekommt man vielleicht nur einmal in seinem Leben, da kann man nicht lange rumfluchen, sondern muss zusehen, dass man überhaupt ein Bild davon bekommt.

Das Ergebnis sind die beiden folgenden Bilder.


Verdammt, wenn schon nummeriert, warum konnte ich nicht die Nummer 42 erwischen ;-)


Hier sieht man sehr gut die Antennen der Ortungssender (einige wenige Exemplare sind sogar mit GPS ausgerüstet und senden stündlich Position und andere Daten)

Kurze Zeit später hatte er genug geruht und flog davon, leider aber nur unterhalb von uns und auch immer weiter weg. Dafür konnte ich jetzt endlich doch noch meine verdienten Spaghettis verdrücken, bevor wir uns auf den Weg zum Cape Royal Point machten.

...und zweitens als man denkt.

Eigentlich sind es dort hin nur ca. 45 Minuten und wir hatten somit noch reichlich Zeit bis zum Sonnenuntergang. Aber unterwegs stand plötzlich ein Wanderer winkend am Rand. Da er zum einen recht erschöpft und verzweifelt aussah und zum anderen der North Rim (vor allem um diese Jahreszeit) auch sehr einsam ist, hielten wir natürlich gleich an. Eigentlich wird einem in allen Reiseführern davon abgeraten in den USA bei irgendetwas oder jemandem anzuhalten, aber in dieser Gegend wäre ich eh nicht im Traum darauf gekommen, dass da etwas hinterhältiges dahinter stecken könnte. Wie sich herausstellte war der gute Mann wirklich sehr erschöpft und auch schon etwas verzweifelt, denn er hatte den Weg verloren und fand jetzt nicht mehr zu seinem Auto und der darin auf ihn wartenden Frau zurück. Da der Parkplatz zu dem er sie mit dem Auto geschickt hatte, nicht auf unserer Karte eingezeichnet war und wir nur wussten, dass er an dieser Straße sein musste, nahmen wir ihn einfach mit und fuhren eine gewisse Strecke der Straße weiter bis wir zu einem Punkt kamen , von dem er wusste, dass er auf jeden Fall hinter dem Parkplatz liegt. Also fuhren wir nun wieder zurück und in die andere Richtung weiter, bis wir den Parkplatz samt Auto und Frau fanden. Der gute Mann war doch sehr erleichtert und wir um eine "Gute Tat" reicher.

Warum erzähle ich das alles? Nein, nicht etwa um zu zeigen, was wir doch für gute Menschen sind, sondern um zu zeigen, dass es sich lohnt, so eine "Gute Tat" zu vollbringen.

Eigentlich hatte ich ja befürchtet, dass wir mit der Aktion so viel Zeit verloren hatten, dass es uns nicht mehr vor Sonnenuntergang bis zum Ziel reichen würde. Doch wir hatten Glück und kamen noch gerade so rechtzeitig an, dass es mir zu folgendem Panorama reichte:

Freya Castle, Vishnu Temple und Wotans Throne vom Cape Royal Point

IMHO das beste Panorama, dass ich auf dieser Reise geschossen habe und vielleicht das direkte Ergebnis unserer Hilfe? Wer sich schon mit digitalen, zusammengesetzten Panoramen beschäftigt hat, weiss dass es nicht so einfach ist, das Bild im voraus zu visualisieren, da man es ja nie wirklich vor sich sieht. Vor allem bei Bildern die fast 360° einfangen, wie das obige, hat man auch nicht die Möglichkeit, vorher ein Bild mit einem Superweitwinkel zu machen und sich dann oben und unten etwas wegzudenken. Es braucht daher immer viel Zeit der Vorbereitung und sorgsamen Auswahl des Standpunktes und Aufnahmewinkels, nicht zuletzt auch weil man viel Sorgfalt in die Einstellungen am Panoramakopf und der Kamera investieren sollte, damit auch sicher nix schief geht.

All dies musste heute allerdings sehr schnell gehen und obwohl ich durch die vielen Panoramen, die ich in der Zeit davor geschossen habe, sicher den technischen Teil des Ganzen recht gut und schnell im Griff habe, hatte ich für den künstlerischen Teil (sprich den Ausschnitt und Winkel) heute auf jeden Fall auch eine große Portion Glück...

Hier auf jeden Fall das "Making Of" dazu - Ja, manchmal muss man eben Grenzen überschreiten und sich über Regeln hinwegsetzen ;-)

Anschließend machte ich mich noch schnell zu einem anderen Felsvorsprung auf um noch einen besseren Winkel nur auf Wotans Throne alleine zu bekommen. Hier das Ergebnis:

Wotans Throne im letzten Licht
(Nur auf richtig guten Monitoren dürfte hier was schönes zu sehen sein, sorry)

Das "Making Of" dazu - Nein, nicht Sonja hat hier gewackelt, sondern ich ob des Anblicks und der Tiefe so gezittert ;-)

Wer findet, dass das ganze doch sehr gemütlich aussieht, hat im Prinzip schon recht damit. Aber das Warten darauf, dass die Sonne geradeso hinterm Horizont verschwindet, damit sie mir keine Regenbogenfarben mehr durch das Objektiv auf den Chip zaubert und die Ungewissheit dabei, ob denn dann noch genügend Licht auf den Throne fällt, ist keine so gemütliche Angelegenheit.

Ich muss hier unbedingt nochmal im Hochsommer herkommen, wenn Du Sonne beim Untergehen weiter nördlich steht und das Licht dadurch mehr seitlich und auf den ganzen Throne fällt, obwohl es für mich dennoch eines meiner Lieblingsbilder dieser Reise ist.

Völlig unabhängig von allen Bildern und Sonnenwinkeln muss ich aber sagen, dass der Grand Canyon mich wieder völlig fasziniert hat. Die Amerikaner sind ja im Allgemeinen recht schnell dabei irgendwo ein "Grand" davor zu setzen, aber hier gibt es einfach keine Diskussion darüber, ob der Zusatz gerechtfertigt ist. Es ist einfach der "Grand" Canyon. Fast zwei Milliarden Jahre Erdgeschichte lassen sich hier auf 1,6km tiefen Gesteinsschichten ablesen. Sobald ich die Zeit dazu finde, werde ich hier auf jeden Fall viel mehr Zeit als nur diesen einen Nachmittag verbringen, denn ich möchte unbedingt auch mal hindurchwandern und auf jeden Fall die zahlreichen anderen Highlights erleben.

Als ich mich anschließend mit Sonja auf den Rückweg zum Auto machte, erzählte ich ihr von einer Geschichte über einen Fotografen hier im Grand Canyon, die ich vor ein paar Jahren im Internet gelesen habe und die mir heute den ganzen Tag wieder durch den Kopf ging und die ich heute Abend im Hotel unbedingt nochmal lesen wollte, wenn ich sie im Internet wieder finden würde. Ich umriss ihr kurz worum es bei der Geschichte ging und ihr Interesse war ebenfalls geweckt...

Wir verschlangen noch jeder einen Apfel und machten uns auf die zweistündige Rückreise, die heute ohne Zwischenfall verlief, obwohl wir wieder in Maultierhirschgebieten unterwegs waren und auch zahlreichen Exemplaren begegneten. Allerdings handelte es sich dabei zu mind. 95% um weibliche Tiere, die nach Sonjas Theorie einfach nicht so bescheuert und Testosteron gesteuert waren, dass sie sich mit ihren Kamikazeaktionen etwas beweisen mussten. Alle blieben brav am Straßenrand stehen und wir kamen wohlbehalten im Hotel an.

Nach einem leckeren Subway-Abendessen machte ich mich auf die Suche nach besagter Geschichte und las sie dann Sonja als "Gute Nacht Geschichte" vor. Nennt mich sentimental, aber ich finde die Geschichte immer noch sehr bewegend und hatte wie beim ersten Lesen anschließend feuchte Augen...

Auch wenn das ganze vorherige Gelaber den geneigten Leser vielleicht schon an den Rande des Tiefschlafs gebracht haben mag, empfehle ich dennoch jedem, der sich für Fotografie, Wandern und nicht zu letzt den Grand Canyon interessiert, diese Geschichte zu lesen. Einzige Voraussetzung sind halbwegs gute Englischkenntnisse.

So, das war's für meinen Teil von heute...Gute Nacht.

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