Freitag, 18. April 2014

Direkt aus der Hölle...

Ich entschuldige mich gleich schon mal vorab bei meinen beiden (mir bislang bekannten) "Schlangenfreunden" unter den Lesern meines Blogs, denn nachdem ich mich für ein paar Posts zurückgehalten habe, geht es heute in die nächste Runde meines momentanen Projektes. Ziel des Ganzen ist es, alle in Deutschland beheimateten Schlangenarten in freier Wildbahn zu finden und (ansprechend) zu fotografieren. Wann immer möglich werden natürlich auch die Arten in anderen europäischen Ländern gerne "mitgenommen" ;-)

Für ein solches Projekt ist natürlich einiges an Vorbereitung notwendig.

Beginnen sollte man zuerst einmal mit der Überlegung, welche Arten denn überhaupt in Deutschland vorkommen und wo sowie mit welcher Wahrscheinlichkeit diese anzutreffen sind. Die Liste der potentiellen Kandidaten ist dabei recht überschaubar, denn in Deutschland kommen insgesamt nur die folgenden sechs Arten – vier ungiftige Nattern und zwei giftige Ottern/Vipern – vor:
Wenn man sich dann ein wenig weiter damit beschäftigt, wird schnell klar, dass Würfelnatter, Äskulapnatter und Aspisviper die größeren Herausforderungen in Punkto Finden darstellen werden, da diese nur noch sehr wenige eingeschränkte Vorkommen haben. Die Aspisviper kommt sogar nur noch in einem einzigen Habitat im südl. Schwarzwald vor, welches von den Eingeweihten streng gehütet wird. Aber ich hatte ohne hin nicht vor, dass in einem Frühling komplett abzuhaken.

Weil ich Kreuzottern schon immer interessant fand und es für diese einige "zuverlässige" Habitate in nicht zu großer Entfernung gibt, beschloss ich letztes Jahr, mich dieser Art als erstes zu widmen. Dank rat- und tatkräftiger Unterstützung einiger Freunde und Bekannten (stellvertretend seien hier vor allem Volker Kruschenski und Harald Aberle aus der Stuttgarter Wilhelma genannt), war im größten und bekanntesten Habitat im nördlichen Schwarzwald das Finden schon beim ersten Besuch erfolgreich (Allerdings bei Leibe nicht bei jedem der weiteren Besuche ;-) ).

Das Fotografieren beschränkte sich in Ermangelung des nötigen Wissens bzw. praktischer Erfahrung über den richtigen Umgang mit diesen Schlangen im April 2013 auf bessere in situ Aufnahmen. Drei Beispiele davon und ein Making Of seht Ihr im Folgenden:

Leider keine schöne Umgebung, aber eben "echtes" Wildlife...

Die Kreuzotter kommt natürlich nicht nur in Deutschland vor, sondern hat von allen Schlangenarten als einzige ein Verbreitungsgebiet, welches bis an den nördlichen Polarkreis reicht. Sie müssen daher besser als alle ihre Verwandten (Schlangen können nicht wie wir warmblütigen Säugetiere Körperwärme aus der Nahrung erzeugen) auch mit recht kühlen Bedingungen klarkommen und wenn im Frühjahr, kurz nachdem Sie aus der Winterstarre aus dem Boden zurück kommen, die Männchen auf die Suche nach einem Paarungspartner "gehen", hindert auch ein Schneefeld sie nicht daran. Das folgende Bild zeigt allerdings IMHO eher ein weibliches Tier...

Schlangen kriegen wenigstens keine kalten Füße ;-)

Mein erstes Wildlife-Kreuzotter-Bild
Natürlich sieht der Hintergrund bei solchen Bildern noch viel zu wild aus und was die Perspektive etc. angeht, ist man auch recht eingeschränkt.

Das Making Of zum vorherigen Bild
Auch wenn das sicher noch nicht das Ziel meiner Reise darstellte – ich hatte natürlich ganz andere Fotos im Kopf – so war das für den ersten Versuch schon ganz OK und ich wusste ja schon, wie es weitergehen sollte. Ich hatte nämlich schon vor längerem mit meinem Freund Peter Zürcher, seines Zeichens Besitzer des großartigen Reptilienzoos Nockalm in Kärnten, vereinbart, mich von ihm im Mai in den Umgang mit Vipern, insbesondere unseren europäischen Vipern, einweisen zu lassen. Und so verbrachte ich im Mai 2013 dann drei spannende Tage bei ihm in Kärnten und konnte mir von einem äußerst erfahrenen Giftschlangenexperten all das, was für mich als Fotograf im Umgang mit diesen faszinierenden Tieren wichtig ist, beibringen lassen. Leider regnete es dabei drei Tage fast pausenlos, so dass an Freiland-Versuche nicht zu denken war. 

Auch bei einer kurzen Visite auf dem Rückweg aus Slowenien im darauf folgenden Juli machte das Wetter nicht mit; es war viel zu heiß für erfolgreiche Sichtungen. Eine Hornotter (Vipera ammodytes) fanden wir zwar, aber deren "Akku" war durch die Temperaturen gut aufgeladen und beim zweiten Versuch stellte ich mich so geschickt an, dass sie mir entwischte und sich verständlicherweise daraufhin nicht mehr blicken ließ. Der erste Versuch war zwar gelungen, aber für ein vernünftiges Foto hatte es nicht gereicht. Seht selbst...

Vogelperspektive
Auch das war weit von dem entfernt, was ich mir vorstellte. Aber ich hatte immerhin meine erste Hornotter selbst gefunden und wenigstens war die Zunge mit auf dem Bild ;-)

Im Oktober führte mich dann der Weg ein weiteres Mal ins schöne Kärnten und nun passte vom Wetter über die Begleitung bis hin zu den wunderschönen gefundenen Exemplaren einfach alles. Mit von der Partie waren neben Peter auch noch Markus Ouhlehla, Peters langjähriger Mitarbeiter, und seine Freundin Verena Volz, beide selbst begeisterte Fotografen. Und folglich ließen auch die Ergebnisse nicht mehr viel zu wünschen übrig. Hier ein stellvertretendes Beispiel:

So hatte ich mir das von Anfang an vorgestellt ;-)

Nur erstens hatte ich die Schlangen nicht selber gefunden (das ist eben das Los, wenn man als letzter läuft) und zweitens war es halt keine in Deutschland vorkommende Schlange, um die es bei meinem selbst gewählten Projekt ja gehen sollte. Deshalb zeige ich an dieser Stelle auch nur dieses eine Foto davon und lenke den Fokus wieder zurück auf unsere heimischen Kreuzottern.

Im März (2014 ist in der Natur bei uns einfach alles früher dran als normal) machte ich dann zusammen mit meinem Dad, der zwar nicht so wahnsinnig viel für Schlangen übrig hat, einer Wanderung in einer schönen Umgebung aber nie abgeneigt ist, einen ersten Versuch im Nordschwarzwald. Und der Versuch sowie fast 14km mit über 20kg Fotoausrüstung (ich hatte zur Sicherheit auch noch für andere Motive vorgesorgt) wurde belohnt. Und zwar erstmal so:

Nach diesem Pfannkuchen war ich definitiv voll ;-)

Doch auch fotografisch konnte der Ausflug als Erfolg gewertet werden. Das fotografierte Exemplar war zwar noch jung und daher nicht sonderlich groß, aber die Fotos durchaus in Ordnung.



Kreuzottern gehören zu den Schlangen, bei denen Melanismus in manchen Gebieten sehr häufig anzutreffen ist. Das Habitat im Nordschwarzwald gehört zu diesen Gebieten. Im Volksmund werden diese meist gänzlich schwarzgefärbten Kreuzottern auch Moorottern, da sie häufig in Moorgegenden vorkommen, oder auch Höllenottern genannt. Somit erklärt sich auch der Titel dieses Blogeintrags...

Auch bei ein paar weiteren Besuchen war mir das Glück bis auf einmal immer hold und ich konnte mehrere verschiedene Exemplare mit meiner Kamera anfreunden. Die Exemplare waren zwischen 20 und ca. 60cm groß und zeigten teils eine recht schöne Zusatzfarbe zum bekannten Schwarz.


Ganz klar ein Weibchen, zu erkennen an den rot geschminkten Lippen ;-) Zickig war sie auch und blies sich für eine kurze Zeit ganz schön auf. Das ist eine typische Drohhaltung. Sie lässt die Schlange größer aussehen und beim Ausatmen werden zur Drohung noch deutliche Zischlaute ausgestoßen. Leider habe ich das Video davon tontechnisch gesehen ziemlich versemmelt (ist halt nicht mein wirkliches Metier), sonst hätte ich das hier gerne demonstriert.






Ein ähnlich gefärbtes Tier wie die Zicke weiteroben. Da die Fundorte aber recht weit auseinander lagen, ist es wohl ein anderes Exemplar.



Das kleinste Exemplar (ca. 20cm) und zugleich Sonjas erste wilde Kreuzotter. Sie habe ich in einem kleinen Wäldchen an einem Parkplatz gefunden, das wohl von vielen Besuchern des Gebietes gerne für "dringende Geschäfte" aufgesucht wird, denn es lagen überall gebrauchte Papiertaschentücher herum. Ich wusste aber, dass es dort auf jeden Fall auch welche zu finden gibt, da ich am Rande des Wäldchens schon öfter Kreuzottern gefunden hatte. Und da dies vor der Heimfahrt und nach mehreren Stunden erfolglosen Suchens (es war sehr kühl und windig) meine letzte verbliebene Hoffnung war, Sonja wenigstens noch eine Schlange zeigen zu können, habe ich mich eben dort auf die Suche gemacht. Ich bin sicher, es würde dort niemand seinen "Geschäften" nachgehen, wenn es bekannt wäre, wer alles in diesem Wäldchen wohnt ;-)


Meine "Neuentdeckung": Die Weisslippenotter (Vipera berus albolabris) ;-)


Nun finde ich die schwarzen Kreuzottern durchaus sehr schön, aber die Kreuzotter gehört vor allem wegen der Zeichnung der normal gefärbten Tiere zu meinen Lieblingsschlangen. Leider sind diese in dem von mir besuchten Habitaten entweder stark in der Unterzahl oder einfach nur viel, viel schwerer zu entdecken. Von anderen, erfahreneren Besuchern habe ich Zahlen wie eine normal gefärbte Kreuzotter auf 20 bis 25 gefundene schwarze Exemplare gehört. Umso glücklicher war ich natürlich, als ich beim zweiten Besuch 2014 ein normal gefärbtes Exemplar entdeckte und auch ansprechend fotografieren konnte. Das Tier hatte wohl schon eine kleine Auseinandersetzung mit einem der dort vorkommenden Kolkraben (man hört und sieht sie dort recht oft) oder anderen "Schlangenfeinden" hinter sich, denn ihm fehlte ein Stück vom Schwanz und etwas weiter vorn am Hinterteil hatte es eine vernarbte Stelle, die auf den Bildern 2 und 3 auch zu sehen ist.

Den Bildern und der Breite des Grinsens in meinem Gesicht, welches mind. für den restlichen Tag anhielt, Tat dies aber keinen Abbruch ;-) Sagt selbst: Ist sie nicht wunderschön?





Hier mal Habitat-Fotos von zwei der Fundorte. Vom Schnee plattgedrückter Farn, die perfekte Tarnung, vor allem für das normalgefärbte Tier, welches ich dort mit viel Glück gefunden hatte. Und unter dem Farn lässt es sich auch perfekt verstecken und jagen.



Vorsicht beim Blaubeersammeln ;-)

Zum Abschluss nun noch mein bislang (zumindest meiner Meinung nach) schönstes Kreuzotter-Foto:


Das Drama "Männer, die auf Zweige starren" geht aber definitiv weiter und ich hoffe mich bald mit neuen Bildern und auch weiteren Arten hier melden zu können. Bis dahin gibt es aber sicher noch viele weitere Beiträge ohne Schlangen. Da ich morgen wieder mal gen Slowenien aufbreche, wäre eigentlich auch darüber mal wieder zu berichten...






1 Kommentar:

Andre Koschinowski hat gesagt…

Lieber Harald, obwohl kein Schlangenfan zeigt der Bericht einmal mehr mit wieviel Einsatz und Durchhaltewillen Du an Deine tierischen Fotoprojekte herangehst. Das allein verdient allerhöchsten Respekt und insbesondere wenn solch aussergweöhnliche Aufnahmen dabei heraus kommen. Weiterhin viel Glück und Erfolg bei Deinem "Schlangen in Deutschland "-Projekt. GRuss Andre